Wenn der SSC Palmberg Schwerin zu Auswärtsspielen aufbricht, sind sie natürlich dabei. Die beiden Liberas Patricia Llabrés Herrera und Finnja Frommann teilen sich nicht nur eine Position, sondern seit einer Verletzung von Teamkollegin Fleur Savelkoel auch ein Hotelzimmer. Eine pragmatische Lösung, die schnell zur angenehmen Routine geworden ist.

Patricia, kurz Patri, bringt jede Menge internationale Erfahrung mit. Sie spielt für die spanische Nationalmannschaft, hat in verschiedenen Ligen Europas gespielt und weiß, wie es ist, unter Druck abzuliefern. Finnja hingegen steht noch ganz am Anfang ihrer Karriere. Sie ist gerade dabei, ihr Abitur zu machen, während sie parallel in den Profikader von Schwerin aufgestiegen ist. Zwei Lebensrealitäten, die im Alltag der Volleyballprofis erstaunlich gut zusammenpassen.

„Am Anfang der Saison war ich mit Fleur im Zimmer“, erzählt Patri. „Dann war ich erstmal allein unterwegs, bis Finnja dazukam.“ Seitdem hat sich einiges eingespielt: Sie schlafen beide gerne in der Mittagspause vor dem Spiel – ein Ritual, das nicht jeder im Team teilt. Wenn die Zeit es erlaubt, schauen sie Serien. Zwar nicht die gleiche, aber gemeinsam auf dem Bett, jede auf ihrem Gerät. „Wir brauchen das, um runterzukommen“, sagt Finnja. Wer den Wecker stellt? Meist Finnja. „Sie ist als Erste wach, wegen der Schule“, sagt Patri und schmunzelt.

Im Zimmer herrscht Ordnung – meistens. „Wer ordentlicher ist? Wahrscheinlich beide oder keiner“, lachen sie. Auch die Bettenfrage ist geklärt: Patri schläft immer am Fenster. „Schon in der Nationalmannschaft. Ich weiß nicht warum, aber das entspannt mich.“

Auf dem Spielfeld ist ihre Rollenverteilung klar. Patri ist die erste Libera, Finnja die Herausforderin – oder besser gesagt: die Lernende. Aber nicht im klassischen Sinne. „Wir reden nicht ständig über Volleyball“, erklärt Patri. „Im Training natürlich ab und zu über den ein oder anderen Ball, aber nicht gezielt.“ Dafür beobachtet Finnja umso genauer. „Ich sehe, wie sie Dinge macht – ihre Haltung, ihre Ruhe. Und ich versuche, das zu übernehmen.“

Diese Beobachtungsgabe zahlt sich aus. Finnja hat sich in dieser Saison weiterentwickelt, durfte erste Einsätze im Bundesligateam feiern. „Letztes Jahr war ich noch im zweiten Team, jetzt bin ich Teil der Mannschaft. Das ist ein großer Schritt“, sagt sie. Gleichzeitig pendelt sie zwischen Schulbüchern und Spieltagen – eine Doppelbelastung, die sie erstaunlich ruhig meistert. Vielleicht auch, weil sie jemanden wie Patri an ihrer Seite hat.

Im Spiel ist die Libero-Position eine der undankbarsten – keine direkten Punkte, keine spektakulären Angriffe, aber im Zweifel der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage. Fehler sind sichtbar, gute Aktionen unsichtbar. „Als Libero kannst du nur Fehler machen“, sagt Patri. „Du musst mental stark sein, auch wenn es nicht läuft. Du musst dem Team Ruhe geben.“ Genau das, was Finnja so beeindruckt. „Sie bleibt einfach immer ruhig. Das hilft allen.“ Die Spanierin ruht nicht nur in sich, sondern gibt diese auch an ihre jungen Teamkolleginnen weiter und so kann man in hitzigen Spielsituationen das spanische Wort für Ruhe „calma“ von ihren Lippen ablesen.

Trotz des Drucks liebt Patri diese Rolle. „Du musst das Spiel lesen, den Gegner analysieren, Entscheidungen im Bruchteil einer Sekunde treffen“, sagt sie. Videoanalysen helfen, aber am Ende zählt das Bauchgefühl. „Manchmal weißt du einfach, was passiert – das ist Libero-Instinkt.“

Und was macht eine Libera, wenn sie plötzlich von Menschen umgeben ist, die alle einen Kopf größer sind? Erklären, dass Größe nicht alles ist. „Wenn wir unterwegs sind, fragen viele: Was machst du beim Volleyball? Du bist doch so klein!“, erzählt Patri. „Dann sage ich: Ich bin der Torwart, um mein Gegenüber zu irritieren.“

Bei ihren Zukunftsträumen unterscheiden sich die beiden kaum. Patricia träumt davon, mit Spanien an der Nations League teilzunehmen und vielleicht sogar Olympia zu erleben. Finnja will sich in der Liga etablieren – langfristig und dauerhaft in Schwerin. „Ich möchte meinen Platz in der Liga finden“, sagt sie. „Und weiter wachsen.“

Jetzt aber zählt erst einmal der Moment: die Playoffs, der Kampf um den Titel, das tägliche Training, die volle Konzentration auf den nächsten Punkt in der Finalserie der Volleyball Bundesliga.