So großes Bedauern ihr
Weggang vor zwei Jahren ausgelöst hat, so groß wird nun mindestens auch die
Freude über ihre Rückkehr sein: Diagonalspielerin Louisa Lippmann geht wieder
für den SSC Palmberg Schwerin auf Punktejagd. Weil in China, wo die 25-Jährige
zuletzt spielte, die Saison bereits Mitte Januar zu Ende war, ergriff der SSC
die Gunst der Stunde, seine einstige Top-Scorerin für den Rest der deutschen Volleyballsaison
2019/20 in den Norden zu holen und sich damit bestens für die entscheidenden Spiele
in Meisterschaft und Europapokal aufzustellen. Beim Achtelfinal-Rückspiel im
CEV-Cup gegen Hämeenlinna (FIN) am Donnerstag, 6. Februar in der PALMBERG ARENA
(Tickets gibt es noch hier) wird die alte
und neue Nummer 3 des SSC erstmals wieder im Schweriner Kader stehen. Im
Interview erzählt die Nationalspielerin, was sie bewogen hat, nach Schwerin
zurückzukehren, was sie aus ihrer Zeit in China mitgenommen hat und wie es sich
anfühlt, „Superstar“ genannt zu werden.
Louisa, was war deine erste Reaktion als die Anfrage kam, ob du nach Schwerin
kommen würdest? Musstest du lange überlegen?
Ich hab mich total gefreut und konnte mir das sofort sehr gut
vorstellen, hier wieder zu spielen, das ist schon ein bisschen wie nach Hause
kommen. Vor allem aber ist Schwerin einfach eine große Nummer, immer darauf
bedacht, das Beste aus allem herauszuholen. Hier machen viele Dinge ein gutes
Umfeld aus, da geht Schwerin mit einem guten Vorbild in der Bundesliga voran
und kann auch international mithalten. Das war der gewichtigste Grund für mich,
wieder herzukommen. Dass ich hier mit einigen Leuten spielen darf, die ich
schon kenne, ist ein zusätzliches Sahnehäubchen.
Was hättest du mit deiner Zeit gemacht, wenn Schwerin nicht angeklopft
hätte?
Ich hatte schon volleyballerisch Alternativen oder hätte noch länger
Urlaub machen können. Aber zum Glück hatte ich jetzt auch so ein paar Wochen
frei, hab meine Familie besucht und war ansonsten sehr dankbar, einfach mal
Zeit für mich zu haben. Es ging alles so schnell zwischen dem Saisonende in
China und der Olympiaqualifikation, ich bin da praktisch aus der Halle in
Shanghai in den Flieger und genauso nach dem Quali-Finale auch wieder zurück.
Da tat es gut, sich mal sortieren zu können, alles zu überdenken, einzuordnen,
Revue passieren zu lassen.
Was blieb dabei für dich stehen aus den Erlebnissen der letzten Monate?
Was natürlich sehr hängengeblieben ist, ist die Enttäuschung über das
verlorene Finale der Olympiaqualifikation. Dass wir es nicht geschafft haben,
auf diesen Zug aufzusteigen, nachdem wir vorher, was niemand erwartet hatte,
ein so unglaubliches Turnier gespielt haben, einen so klaren und schönen
Volleyball, wie ich finde. Aber natürlich bleibt auch vieles aus Shanghai, wo
ich eine wunderschöne Saison mit einem ganz tollen Team hatte, das unglaublich
hilfsbereit war, ganz aus Herzensliebe alles getan hat, mir zu helfen. Das
hätte ich so nicht erwartet, dass ich da so glücklich sein würde und es so
unglaublichen Spaß gemacht hat. Es hat zwar ein bisschen gedrückt, dass wir am
Ende die Finalserie verloren haben und Zweiter geworden sind, aber im Großen
und Ganzen waren alle zufrieden und glücklich mit der super Saison.
Was haben die letzten beiden Jahre im Ausland bei dir persönlich verändert?
Wer war Louisa Lippmann, als sie Schwerin verlassen hat, wer ist sie jetzt?
Als ich von Schwerin weggegangen bin, war ich ein immer sehr
aufgeregter, nervöser, immer eher zum Negativen hingezogener Pessimist. Ich
will nicht sagen, dass ich das komplett abgestreift habe, aber es fällt mir
leichter, gewisse Dinge besser einzuordnen, nicht mehr zu emotional auf alles
zu schauen und klarer, besser einzuschätzen, was der nächste Schritt, der
nächste Ball ist. Auslandserfahrung heißt immer auch raus aus der Komfortzone,
gerade in China, wo ich nichts lesen, reden, verstehen konnte. Da wird man auch
demütiger und schätzt, was man hat. Andere machen ja auch schlechte Erfahrungen
im Ausland, aber für mich waren beide Jahre sehr positiv prägend. Ganz doll
nehm ich diese Herzlichkeit aus Shanghai mit, dieses gegenseitige Unterstützen.
Das ist im Profisport nicht überall so.
Wenn man dieser Tage etwas über dich liest, dann liest man über die
Volleyballerin des Jahres, die Killerin, den Superstar Louisa Lippmann. Wie
hört sich das für dich an?
Ganz komisch hört sich das an. Ich bin da ganz stark der Meinung, wir
reden hier von einem Mannschaftssport, bei dem immer das Team, nicht eine
einzelne Person im Mittelpunkt stehen sollte. Ich könnte meine Punkte, meine
Quote bei Weitem nicht schaffen, wenn nicht unsere Annahme die Bälle immer so
sauber nach vorne bringen und Nisi (Zuspielerin Denise Hanke, Anm. d. Red.)
nicht so gute Pässe spielen würde. Es ist natürlich schön, wenn man merkt, dass
sich die Arbeit, die Energie, die Leidenschaft, die ich in den letzten Jahren
in den Volleyball gesteckt habe, auszahlt, dass es ein solches Feedback gibt.
Aber wenn es bei mir so scheppert wie es soll, dann machen das ganz viele
möglich, das ist immer Teamwork, und das ist immer wichtiger.
Schwerin – Florenz – Shanghai – Schwerin – und dann? Wird es dich
wieder in die Welt ziehen, weißt du das schon?
Ja, auf jeden Fall! Nach zwei Jahren im Ausland geht die Reise für mich ja erst
richtig los. Aber jetzt ging grad alles sehr flott, die Zeit in China war so
schnell vorbei, da will ich mich nicht sofort entscheiden müssen, wo genau es
nächstes Jahr hingeht. Das wird im Frühjahr Thema, da stehe ich sicher wieder
mit dem Reisepass bereit. Jetzt freue ich mich erst mal unheimlich auf
Schwerin, auf Heimat, auf die Atmosphäre hier und werde das genießen. Ich komme
hier mit sehr vielen guten Erinnerungen her, mit sehr viel aufregender
Vorfreude und sehr bereit, viele neue gute Momente zu erleben.
Louisa Lippmann, geboren am 23. September 1994 in Herford/NRW, 1,90 Meter, kam über Stationen in Münster und Dresden 2016 für zwei Jahre zum SSC Palmberg Schwerin. Die Diagonalspielerin avancierte hier umgehend zur Stammspielerin und Top-Scorerin, gewann mit dem SSC zweimal die Meisterschaft, einmal den Supercup, wurde 2017 und 2018 MVP der Bundesliga. 2018 wechselte die Nationalspielerin für ihr erstes Auslandsengagement nach Florenz/Italien; 2019 spielte sie in Shanghai/China. 2017, 2018 und 2019 wurde sie zur „Volleyballerin des Jahres“ gewählt.
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