Felix Koslowski, nach allem, was direkt nach dem letzten Spiel in Stuttgart und in den Medien schon gesagt wurde – gibt es irgendwas, was zur SSC-Saison noch nicht gesagt wurde?
Nein, eigentlich nicht. Ich sag aber noch mal gern, was wir in den Tagen nach Stuttgart erlebt haben, mit unseren Fans, Sponsoren, allen Unterstützern des Volleyballs, das macht uns wirklich stolz. Natürlich werden wir immer anhand unserer Erfolge bewertet, an der Zahl der Medaillen, an der Farbe der Medaillen, an den Titeln, die wir holen. Aber ich glaube, am Ende geht es vielmehr darum, dass wir der Stadt, der Region, dem Land eine Mannschaft geben konnten, auf die sie stolz sein können. Das ist ganz toll, dass wir das offenbar verkörpern können, die größte Wertschätzung, die wir bekommen können.

Heißt das, inzwischen können Sie mit der Silbermedaille gut leben?
Nie können wir damit leben! Das ist aber auch unser Antrieb. Wenn wir anfangen, uns mit Silber zufrieden zu geben, werden wir nie wieder Gold gewinnen. Es geht immer um Gold, um Pokale, um Meisterschaften, die wollen wir auch im nächsten Jahr wieder angreifen. Wir sind jetzt schon alle heiß darauf, 2020 wieder Meister zu werden.

Hier und da hörte man Zweifel, ob nach Supercup und DVV-Pokal noch genug Willen und Herzblut da waren, sich auch den Titel zu holen oder man nicht auch mit dem schon Erreichten zufrieden war…
Wenn wir kein Herzblut haben, dann weiß ich nicht, wer sonst. Wir haben das in der Saison oft bewiesen, auch in den Playoffs in Münster oder gegen Potsdam. Wir lagen in der Finalserie mit 0:1 zurück, dann mit 1:2 zurück, wir lagen im fünften Finale 0:2 zurück in Stuttgart und haben uns den Tiebreak erkämpft. Was diese Mannschaft also auf jeden Fall hat, sind Herzblut und Charakter. Die Motivation war riesig, sowohl bei den Spielerinnen, die noch nie ein Finale gespielt haben, als auch bei denen, die schon Meister geworden sind. Wenn man das einmal erlebt hat, einmal auf den Geschmack gekommen ist, wie das ist, wenn man da oben steht, da willst du nie wieder runter. Man kann nicht oft genug Meister werden.

Genauso blühten die Analysen, an welchem Punkt der SSC den Titel verloren hat – schon mit der Niederlage zuhause gegen Stuttgart an Weihnachten, oder gegen Wiesbaden, weil man sonst Tabellenerster gewesen wäre, oder im dritten Finalspiel in Stuttgart oder… Kann man sowas überhaupt sagen, an welchem Baustein es am Ende gelegen hat?

Es ist normal, dass die Leute diese Frage stellen, wenn man nicht gewinnt, vor allem wenn eine Mannschaft wie Schwerin nicht gewinnt. Ich kann einen ganz deutlichen Grund sagen, woran es gelegen hat, nämlich an einer riesig guten Stuttgarter Mannschaft, die überragend gespielt hat, das muss man einfach anerkennen. Wir waren auf Augenhöhe, und die waren dann genau dieses eine Prozent besser als wir. Man muss dieser Leistung einfach Respekt zollen, und das tun wir. Jetzt gehen wir in den Sommer, in unsere Eigenanalyse, sind schon dabei, an ein paar Stellschrauben zu drehen und versuchen das Team natürlich für nächstes Jahr noch besser aufzustellen, noch einen Tick stärker zu sein.

Zur Neuausrichtung gehört nun auch ein Spiel ohne Kapitänin Jennifer Geerties, die ins Ausland gehen wird…
Das ist total traurig, Jenna wird für uns so nicht zu ersetzen sein, das ist ganz klar. Aber es öffnet auch die Tür für andere Spielerinnen, in neue Rollen und Aufgaben reinzuwachsen. Ich habe einen ganz klaren Plan im Kopf, wie unsere Mannschaft nächstes Jahr aussehen soll, wir sind sehr, sehr weit mit unserer Kaderplanung, haben im Grunde die erste Sechs schon hier. Natürlich arbeiten wir auch an einigen Neuzugängen, die uns in der Breite noch mal besser machen.

Was könnte bzw. sollte sich aus Ihrer Sicht vielleicht auch an den Rahmenbedingungen für diese spannendsten Spiele der ganzen Saison, das Finale, verbessern? Braucht es zum Beispiel wirklich ein Best-of-Five selbst schon im Halbfinale?
Da habe ich zwei Perspektiven, eine als Vereinstrainer, eine als Bundestrainer. Als Vereinstrainer kann ich verstehen, dass man eine möglichst lange Saison haben will. Je mehr man spielt, desto mehr Möglichkeiten hat man und desto klarer wird sich die Mannschaft durchsetzen, die wirklich besser ist. Als Bundestrainer sage ich klar, die Saison ist zu lang oder die Natio startet zu früh, wie man da sehen will. Diese Belastung ist für die Spielerinnen viel zu groß, das ist eigentlich nicht machbar und nicht nachvollziehbar. Da kann man schon überlegen, ob es ein Best-of-Five sein muss. Es gibt auch Diskussionen über den Spielrhythmus in dieser Kürze, der schon ein hartes Brot ist, gerade bei Entfernungen wie Stuttgart – Schwerin. Auf der anderen Seite wollen wir Fernsehen, brauchen wir Fernsehen, also ist das wohl ein Opfer, das wir bringen müssen. Man könnte über den Modus nachdenken, ob man nicht wenigstens die Reiserei etwas einschränkt, wie in Italien, wo der Tabellenerste erst auswärts spielt, dann zwei Heimspiele hat und erst dann wieder abwechselt. Das entzerrt wenigstens etwas. Und dann ist da natürlich das Thema Videobeweis. Nicht, weil die Schiedsrichter schlecht sind, aber weil der Druck unheimlich groß ist, mit einer Entscheidung vielleicht über eine Meisterschaft zu richten. Das sollte sportlich entschieden werden, und wir haben Systeme, die das möglich machen. Aus meiner Sicht muss das bei allem, was schon an Rahmenbedingungen verbessert wurde, jetzt der nächste logische, konsequente Schritt sein, das im Finale, vielleicht auch schon im Halbfinale einzuführen.

Zum Schluss: Was nehmen Sie vor allem aus dieser Saison mit, was werden Sie nie vergessen?
Ganz klar das Team! Es hat unglaublich Spaß gemacht mit dieser Mannschaft, diese Gruppe, da waren so interessante Charaktere dabei, auch so gegensätzliche. Wir hatten Deutsche, Holländerinnen, Amerikanerinnen, eine Japanerin, Bulgarin, Ungarin, Kroatin, das komplette Programm. Wie diese Gruppe dann am Ende als Einheit funktioniert hat, plus Trainer plus Geschäftsstelle plus Fans plus…. Alle waren am Ende in so einem Verbund drin, haben miteinander harmoniert, das ist das, was ich am meisten mitnehme. Das ist auch meine größte Aufgabe, das im nächsten Jahr wieder so hinzubekommen. Wenn wir das schaffen, gewinnen wir auch Titel. Manchmal braucht es etwas Geduld, aber man schafft es.

 

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